Wer haftet beim Unfall im Labor?

Viele Wissenschaftler:innen am UKE arbeiten täglich im Labor. Durch den Umgang mit komplexen Gerätschaften und diversen (Bio‑) Chemikalien besteht ein erhöhtes Unfallrisiko. Die fehlerhafte Bedienung eines Gerätes oder das unbeabsichtigte Verschütten einer brennbaren Chemikalie kann schwere Sach- und Personenschäden verursachen. So können hohe Kosten für den Ersatz des defekten Gerätes oder die Behandlung der verletzten Kollegin entstehen. Für die medizinische Behandlung wird zwar zunächst die Krankenversicherung der Geschädigten aufkommen. Die Versicherung wird dann aber den Schadensverursacher in Regress nehmen und die Übernahme der Kosten verlangen. Erfreulicherweise sind schwere Arbeitsunfälle am UKE selten. Aber wer haftet, wenn doch etwas passiert?

Im Tarifvertrag findet sich folgende Regelung (§3 Abs.6 TVöD‑K): Die Schadenshaftung der Beschäftigten ist bei dienstlich oder betrieblich veranlassten Tätigkeiten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.

Folglich muss der Arbeitgeber die entstandenen Kosten tragen, solange kein Vorsatz und keine grobe Fahrlässigkeit vorliegen. Aber was ist unter Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zu verstehen? Beim Vorsatz muss eine eindeutige Pflichtverletzung vorliegen. Der Schadeneintritt und auch seine Folgen sind vorhersehbar und werden vom Arbeitnehmer zumindest billigend in Kauf genommen. Schwierig kann die Abgrenzung der groben von anderen Formen der Fahrlässigkeit sein. Die Abgrenzung zur leichten Fahrlässigkeit ist noch einfach. Hier liegt nach der Rechtsprechung ein Fehlverhalten vor, das jedem einmal passieren kann (z.B.: ein „Sich-Vergreifen“ oder ein „Sich-Vertun“). Bei der mittleren Fahrlässigkeit wird die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen, obwohl die Schädigung vorhersehbar und vermeidbar ist. Dies ist auch bei der groben Fahrlässigkeit der Fall. Wobei hier die Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maß verletzt wird. Es werden Vorsichtsmaßnahmen ignoriert, deren Notwendigkeit eindeutig vorliegt.

Letztlich muss das Vorliegen von grober Fahrlässigkeit in jedem Einzelfall geklärt werden. In der Rechtsprechung bekannt ist der Fall einer Reinigungskraft, die in einer Praxis für radiologische Diagnostik und Nuklearmedizin beschäftigt war. Sie vernahm den Alarmton eines Magnetresonanztomographen und wollte den störenden Alarm ausschalten. Dafür drückte sie nicht den vorgesehenen blauen Knopf (alarm silence), sondern den roten Knopf (magnet stop). Dies löste eine Notabschaltung aus, die das Gerät beschädigte. Die Reparaturkosten und der Nutzungsausfallschaden betrugen knapp 50.000€. Die Reinigungskraft wurde von ihrem Arbeitgeber in Regress genommen. Die anschließende gerichtliche Klärung wurde durch alle Instanzen geführt. Letztinstanzlich wurde vom Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass das Verhalten der Reinigungskraft grob fahrlässig war und sie für den Schaden aufkommen muss. Aufgrund der enormen Schadenshöhe wurde ihre Haftung aber auf zwölf Monatsgehälter beschränkt. (Urteilstext: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/8-azr-418-09/?highlight=Az.%3A+8+AZR+418%2F09)

Eine Möglichkeit zur Absicherung von Fällen grober Fahrlässigkeit ist der private Abschluss einer Diensthaftpflichtversicherung (auch Amtshaftpflichtversicherung genannt). Eine solche Versicherung übernimmt die Schadensregulierung und erfüllt berechtigte Ansprüche von Geschädigten. Außerdem trägt sie die Kosten für eine (ggf. gerichtliche) Prüfung, ob geltend gemachte Ansprüche gegen den Beschäftigten überhaupt zulässig sind. Dies kann insbesondere die Frage sein, ob grobe oder „nur“ mittlere Fahrlässigkeit vorliegt. Ein Versicherungsschutz für Fälle von vorsätzlichem Handeln ist nicht möglich.