Befristete Verträge in der Wissenschaft – Änderung des WissZeitVG

Ende letzten Jahres hat der Bundestag mit den Stimmen von CDU und SPD (endlich) das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) neu justiert. Die Zustimmung des Bundesrates ist noch anhängig, gilt aber als Formsache, seit der Bundesrat am 29.01.2016 formell erklärt hat, den Vermittlungsausschuss nicht anrufen zu wollen.

Das WissZeitVG wurde von der ersten großen Koalition 2007 speziell geschaffen, um befristete Arbeitsverträge von wissenschaftlich tätigen Angestellten an deutschen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu regeln. Das Gesetz ermöglichte neben der Befristung als Standardarbeitsvertrag erstmals auch kettenförmige Mehrfachbefristungen. Diese (sachgrundlosen) Kettenbefristungen waren zuvor wiederholt von Gerichten für ungültig erklärt worden, weil das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das bis dahin auch für die wissenschaftlichen Angestellten galt, Befristungen ohne Sachgrund nur für maximal zwei Jahre erlaubte. Das WissZeitVG macht es möglich, bis zur Promotion sechs Jahre und nach der Promotion erneut bis zu sechs Jahre befristet beschäftigt zu werden (für Ärzte und Ärztinnen als postdocs: neun Jahre).

Das WissZeitVG wurde also ab 2007 selbst zum Sachgrund für die Befristungen von WissenschaftlerInnen. Sobald von da an WissZeitVG als Grund der Befristung in den Arbeitsverträgen stand, hatten KlägerInnen vor den Arbeitsgerichten keine Chance mehr. Das Institut für Hochschulentwicklung in Hannover erhielt den Auftrag, das WissZeitVG zu evaluieren. Im Abschlussbericht (pdf) finden sich viele wohlwollende Zuschreibungen für das Gesetz, dennoch entstand daraus Handlungsbedarf auf Seiten des Gesetzgebers:

Über die Hälfte der Arbeitsverträge in der ersten Qualifikationsphase sind auf weniger als ein Jahr angelegt. Dies gilt sowohl für die Hochschulen als auch für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Auch die Hälfte der Arbeitsverträge mit den Postdocs an den Hochschulen hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr.

Insgesamt würden zu viele Befristungen unsachgerecht kurz gestaltet. Unsere Erfahrungen im Personalrat entsprechen dem. Befristungen von sechs oder neun Monaten in drei- oder vierfacher Folge sind keine Seltenheit. Da kann dann niemand mehr davon sprechen, dass die Mittel nur so kurzfristig zu Verfügung stehen. Entsprechend diesen Missständen hält das geänderte WissZeitVG folgende Neuerungen bereit:

  • Eine sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bis zur Promotion ist zwingend an die Dauer des Qualifikationsvorhabens zu koppeln,
  • eine Befristung wegen Drittmittelfinanzierung muss sich künftig an der Dauer der Drittmittelbewilligung orientieren,
  • eine Drittmittelbefristung von Arbeitsverträgen des nicht-wissenschaftlichen Personals (Dokumentare, MTA, Pflegekräfte) ist im Gesetz nicht mehr vorgesehen,
  • die Befristungshöchstdauer verlängert sich bei Vorliegen einer Behinderung nach SGB IX oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung um zwei Jahre,
  • die Befristungshöchstdauer verlängert sich um zwei Jahre für alle Kinder, mit denen die wissenschaftlich Tätigen in einem Haushalt leben, nicht nur die leiblichen, eigenen Kinder wie bisher.

Das geänderte WissZeitVG wird nicht einer deutlichen Erhöhung entfristeter Verträge an den wissenschaftlichen Einrichtungen Deutschlands führen. Das ist aus verschiedenen Gründen (Qualifikation, Nachwuchsförderung, Erlangung von Klarheit darüber, ob Wissenschaft der eigenen Karriereweg sein soll) auch gar nicht wünschenswert. Aber er wird den wissenschaftlichen Einrichtungen klarere Grenzen als bisher setzen, was die kurzen bis sehr kurzen Laufzeiten befristeter Verträge anbelangt. Insbesondere der Umstand, dass projektbezogene Verträge über die Laufzeit der Mittelbewilligung abzuschließen sind, stellt eine deutliche Verbesserung der bisherigen Situation dar.

Wir werden beobachten, wie das seitens der Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen zukünftig umgesetzt und gelebt wird.